"Ich habe in meinem Leben schon so manche Leute in Bars und Kneipen kennengelernt. Wenn man an der Bar sitzt, was trinkt und angesprochen wird, bedeutet das in den meisten Fällen, dass ein stark Angetrunkener oder Betrunkener einem seine Geschichte reindrücken will. Man wird zum Ersatz des zuhörenden Barkeepers. Sie hat mich verlassen, buhu... Ich habe sie betrogen *heul*.
In deutlich weniger Fällen wird jemand an der Bar philosophisch. Das sind dann ebenfalls stark alkoholisierte Leute, die fasziniert mit funkelnden Augen Sachen wie "ist Ihnen schonmal aufgefallen, dass Frauen es darauf anlegen, den Beginn eines Streits anzuzetteln, nur um zu sehen, wie man darauf reagiert? Lassen Sie mich das kurz erläutern, es ist nahezu faszinierend..." erzählen. Doch dann scheint es einen äußerst seltenen Fall zu geben. Ich nenne ihn den "Tresenphilosoph". Er ist derart selten, dass man andere Menschen als Tresenphilosophen bezeichnet, die im Grunde genommen gar keine sind.
Ich saß also an meiner Lieblingsbar und unterhielt mich mit dem Barkeeper. Das war der Moment wo er reinkam. Er setzte sich drei Barhocker weiter und legte seinen stilvollen Mantel ab. Sein Rasierwasser/Eau de Toilette roch bis zu mir, aber immerhin war es ein interessanter, angenehmer Duft. Statt einem Anzug - was man normalerweise bei so einer Person erwarten würde - trug er eine Mischung aus Hemd, Pulli und Jackett. Schwarz mit violettem Markenlogo und Ziermustern. Wie bei einer Uniform, nur viel dezenter. Als er sich schließlich hinsetzte, sagte er beim nächsten kurzen Blick, den ich ihm 'rüberwarf, mit dunkler, rauer, aber angenehm klingender Stimme 'Hallo auch'."
(Anfang des Kapitels "Der Tresenphilosoph" dieses Buches)